Das Linux Tonstudio: Tolle Software zum Nulltarif

Früher waren Tonstudios riesige Räume mit Equipment, das sich nur Plattenfirmen leisten konnten. Heute hat man mit einem Linux Tonstudio auf PC-Basis Möglichkeiten, von denen in den guten alten Zeiten niemand zu träumen gewagt hätte. Und das – mit Open Source Software unter Linux – zum Nulltarif.

Das Linux Tonstudio ist mittlerweile erwachsen geworden

Als ich 2005 die ersten Experimente mit Linux und Gitarre machte, waren die Audio-Fähigkeiten von Linux noch rudimentär. Mittlerweile hat sich die Situation drastisch verbessert: Du kannst mit Linux ein komplettes Tonstudio aufbauen. Es gibt komplette Distributionen, die sich auf Audio und Multimedia spezialisiert haben. Die zur Zeit bekanntesten sind UbuntuStudio, KXStudio und AV Linux. Jede davon hat ihre Stärken und Schwächen. Mit Ubuntustudio habe ich viele Jahre gearbeitet. Da ich allerdings mit den letzten Versionen Probleme hatte – meine Hardware ist nicht mehr die neuste – bin ich zeitweise auf AV Linux umgestiegen. Mittlerweile bin ich wieder auf Ubuntustudio, und zwar der neusten Version 17.10.

Latenz – was ist das und warum ist es wichtig?

Ein entscheidendes Kriterium bei einem Audio Linux ist die sogenannte Latenzzeit. Das ist die Zeit, die zum Beispiel beim Gitarrespielen zwischen dem Zupfen der Saite und dem Moment vergeht, wenn die Schallwelle auf Euer Trommelfell trifft. Schon bei einer Latenzzeit von mehr als 10 Millisekunden treten bei einem Musiker mit geübtem Gehör Irritationen auf.  Auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalls in der Luft hat man keinen Einfluss, aber die Latenzzeit beim Umwandeln der analogen Signale in der Soundkarte in digitale Daten und der Verarbeitung auf dem PC spielen sowohl die Hardware als auch die Software – also in unserem Falle das Linux – eine entscheidende Rolle.

Im Hinblick auf niedrige Latenzzeit habe ich die besten Ergebnisse mit AV Linux erzielt. Es ist die einzige Distribution, die auf meiner Hardware ohne sogenannte xruns funktioniert – die kommen vor, wenn der Audipuffer über- oder leerläuft. Das gilt allerdings nur für die 32 Bit Version, mit der 64 Bit Version hatte ich xruns. Wenn nur ab und zu ein xrun vorkommt, ist das nicht schlimm. Treten sie gehäuft auf, äußert sich das in Knistern und Knacksen im Ton. Außerdem hatte ich Probleme bei der deutschen Sprach- und Tastatureinstellung, Ardour stürzt bei der Verwendung von Midi-Spuren ab, und TuxGuitar lässt sich nicht installieren.

KXStudio basiert auf Debian Linux und Ubuntu, das habe ich nur getestet und wegen auftretender xruns wieder gelöscht.

Ubuntu Studio macht den rundestens Eindruck

Ubuntu Studio ist sehr komfortabel zu installieren, da braucht es fast keine Nacharbeiten. Für Linux-Einsteiger ist das meine klare Empfehlung.

Also: Such’ Dir eine Multimedia-Linux-Distribution, lade das Image herunter, brenne es auf DVD und installiere es auf Deinem PC.  Im Internet gibt es viele gute Anleitungen dafür.

Ich empfehle Dir, Deine neue Installation weitestgehend nur als Tonstudio zu verwenden. Für alle anderen Einsatzzwecke habe ich eine zweite Linux-Partition eingerichtet. Denn wenn Du zu viele andere Programme installierst, kann es sein, dass eine Menge Hintergrundprozesse gestartet werden, die die Performance der Audio-Programme negativ beeinflussen.

Im nächsten Beitrag erkläre ich Dir den Soundserver Jack, der die Basis für alle professionellen Linux Audio Programme bildet.